Umgang mit Herausforderungen aufgrund der Corona-Pandemie
18. Jan. 2021
Insgesamt haben 282 Gemeinden, Städte oder Organisationen an der Befragung teilgenommen, die überwiegende Mehrheit mit 256 Teilnehmenden aus der Deutschschweiz, 12 Teilnehmende kamen aus der Französischsprachigen, resp. 14 nahmen aus der Italienischsprachigen Schweiz teil. Rund 58% der Antworten stammten von Gemeinden oder Kleinstädten mit 1’000-9’999 Einwohner*innen, rund ¼ der Teilnehmenden können als Städte klassifiziert werden und rund 17% der Teilnahmen stammen aus Gemeinden mit weniger als 1’000 Einwohnenden.
Covid-19 hat sehr viel Solidarität und Hilfsbereitschaft in der Bevölkerung ausgelöst
Die Corona-Pandemie und der schweizweite Lockdown ab Mitte März 2019 haben in den befragten Gemeinden und Städten zu viel Solidarität und Hilfsbereitschaft unter der Bevölkerung geführt. Mehr als 30% der Teilnehmenden gaben an, dass sie die Krise als wertvolle Erfahrung für die Gemeinschaft einschätzen. Insbesondere die spontane Gewinnung von neuen Freiwilligen, konkret in der Nachbarschaftshilfe, aber auch neue Initiativen und Netzwerke waren zu verzeichnen. Rund 20% der Befragten bemerkten, dass die Wertschätzung der Freiwilligenarbeit und Aufmerksamkeit insgesamt erhöht wurde durch die Herausforderungen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie. Knapp 10% der Gemeinden und Städte sahen sich jedoch mit dem Phänomen konfrontiert, dass es viel mehr Freiwillige und Angebote gegenüber Hilfesuchenden gab. Es wird vermutet, dass die geringe Nachfrage nach Unterstützung daher rührt, dass sich Risikogruppen primär Unterstützung im nahen sozialen Umfeld suchten und sich erst dann an Organisationen oder Netzwerke wandten, wenn das persönliche Umfeld keine Hilfe bieten konnte.
Bezüglich organisatorischer Abläufe halten sich die Antworten der Umfrageteilnehmenden in etwa die Waage – etwas mehr als 8% gaben an, dass die Abläufe auch während der Pandemie gut und unkompliziert funktionierten, während etwas weniger als 8% konstatierten, dass es zu starken Verzögerungen aufgrund von schwierigen Abläufen kam. Die Koordination von spontan aufgebauten Unterstützungsnetzwerken wurde von den Gemeinden, regional durch die Kantone, das Schweizerische Rote Kreuz oder auch vom Zivilschutz übernommen. Vorübergehend gab es in einzelnen Gemeinden auch eine Zusammenarbeit zwischen der öffentlichen Hand, Privaten und der Wirtschaft, beispielsweise wurden offizielle Corona-Hotlines mit freiwilligen Helfern installiert.
Herausforderungen für Risikogruppen und die institutionalisierte Freiwilligenarbeit
Eine spezifische Herausforderung bestand darin, dass Personen die bisher überdurchschnittlich häufig Freiwilligenarbeit leisteten nun wegen ihres Alters oder Vorerkrankungen zu den Risikogruppen gehörten und sich besonders schützen mussten. Gleichzeitig konnten viele Angebote und die meisten Veranstaltungen der institutionalisierten Organisationen und Vereinen aufgrund der Schutzbestimmungen gar nicht, respektive nicht mehr stattfinden. Zweimal wurde auch erwähnt, dass die Betreuung von Asylsuchenden unter den erschwerten Bedingungen noch schwieriger war.
Nachbarschafts- und Einkaufshilfen wurden initiiert
Knapp 20% der Befragten gaben an, dass während der Corona-Pandemie neue, lokale Initiativen mit dem Angebot für Einkaufshilfen und Mahlzeitendiensten entstanden sind. Auch die Koordination und Vernetzung unter den Organisationen und Vereinen wurde beispielsweise in Form einer Corona-Helpline verbessert.
Für einige an der Umfrage teilnehmenden Gemeinden und Städte war zum Zeitpunkt der Umfrage eine Bilanz verfrüht. Einerseits hat sich gemäss knapp 8% der Teilnehmenden mit der Corona-Pandemie nicht allzu viel im Zusammenhang mit der Freiwilligenarbeit verändert, da die Nachbarschaftshilfe lokal bereits etabliert war. Andererseits wurde von einzelnen Gemeinden und Städten angegeben, dass während der Krise Synergien zwischen Vereinen, Nachbarschaftsgemeinden und zwischen Organisationen und der Verwaltung durchaus auch neu genutzt wurden. Erwähnt wurde überdies, dass die Pandemie deutlich darauf hinwies, wie wichtig ständige Massnahmen in der Freiwilligenarbeit sind. Insbesondere müsse die Solidarität zwischen den Menschen, vor allem Generationenübergreifend gestärkt werden, Hürden abgebaut, um sich freiwillig zu engagieren und die Eigeninitiative von Freiwilligen sollte stärker gefördert werden.
Die sehr umfangreichen Antworten von Gemeinden und Städten gaben dem Team der ZHAW eine wichtige Grundlage für die Analyse der Ausgangslage der lokalen Freiwilligenarbeit in der Schweiz. Im Rahmen der wissenschaftlichen Begleitung im Projekt «engagement lokal» ist geplant eine erneute schriftliche Befragung rund zwei Jahre nach Abschluss der Unterstützungsphase der 10 beteiligten Projekte durchzuführen. Was von grossem Interesse sein wird, ist unter anderem, ob die initiierten Netzwerke weiter bestehen und ob die Erfahrungen aus der Corona-Pandemie einen Einfluss auf die Koordination und Vernetzung der Vereine und Organisationen miteinander sowie der Vereine und der Verwaltung nach sich zog.